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Autismus? Was die Diagnose im Erwachsenenalter bringt

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Spontane Planänderungen sind für Sie der Horror? Permanent haben Sie den Gedanken, irgendwie anders zu sein - gerade in Interaktion mit anderen Menschen? Grelles Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen sorgen schnell für ein Gefühl der Reizüberflutung?
All das kann auf eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) hindeuten. Das Wort «Spektrum» zeigt dabei: Die Ausprägungen sind von Mensch zu Mensch mitunter sehr unterschiedlich. Verursacht wird Autismus durch eine angeborene Entwicklungsstörung im Gehirn, so das Portal «gesund.bund.de».
«Masking» kostet Kraft
Längst nicht immer wird die bereits im Kindesalter erkannt. Im Erwachsenenalter sind die Symptome allerdings oft subtiler. Das hat einen bestimmten Grund: «Viele entwickeln Strategien, um sich anzupassen», erklärt Prof. Petra Beschoner von der Akutklinik Bad Saulgau. So lernten viele Frauen mit Autismus schon früh, soziale Situationen durch Nachahmung zu meistern.
Dieses Unterdrücken bestimmter Merkmale, um nicht aufzufallen, wird «Masking» (engl. für Maskieren) genannt. Und es ist für Betroffene kräftezehrend: «Da die Anpassung an soziale Erwartungen viel Energie kostet, besteht ein erhöhtes Risiko für Erschöpfung und Burn-out», so Beschoner, die Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin ist.
Warum eine Diagnose hilft
Was also tun, wenn man das Gefühl hat, dass die Reizfilter des eigenen Gehirns anders beschaffen sind als die vieler anderer Menschen? Wenn die Kommunikation mit anderen und soziale Situationen generell einfach nur schwierig erscheinen?
Es gibt gute Gründe, dann eine Diagnostik anzustoßen - egal in welchem Alter. Eine Diagnose können Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten stellen, so «gesund.bund.de». Grundlage dafür sind Gespräche und bestimmte Tests.
Das mitunter monatelange Warten auf einen Termin zahlt sich am Ende meist aus: «Für viele ist die Diagnose ein Wendepunkt», so Prof. Petra Beschoner. Oft beginnt damit ein Prozess der Selbstreflexion, der ein neues Licht auf Probleme in der Vergangenheit wirft. Autistinnen und Autisten können bestenfalls Selbstvorwürfe, die sie sich ihr Leben lang gemacht haben, ablegen - das bringt Erleichterung.
Besser mit Autismus leben lernen
Ein weiterer Nutzen: Eine Diagnose schafft Zugang zu Hilfen, die den Alltag erleichtern. «Ein zentraler Baustein ist die Verhaltenstherapie, die hilft, soziale und organisatorische Schwierigkeiten zu bewältigen», so Petra Beschoner. «Wer zum Beispiel Probleme hat, Gespräche zu beginnen oder Smalltalk zu führen, kann in der Therapie Gesprächseinstiege und das Deuten sozialer Signale üben.»
Auch sogenannte psychoedukative Programme können Betroffenen helfen. Dort erfahren sie mehr über Autismus und darüber, wie sie ihre eigenen Stärken gezielter nutzen können.
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(28.03.2025)